.
.
.
Leseprobe: Mit Lina und Leo durch den Advent
Adventsabenteuer, Weihnachtsgeheimnisse und Tage voller Vorfreude
Am 30. November ist es endlich so weit: Lina und Leo holen ihre Adventskalender aus der Weihnachtstruhe. Doch in diesem Jahr ist alles anders, denn in den glitzernden Säckchen verbergen sich Adventsaufgaben, die ihnen am Weihnachtsabend ein ganz besonderes Geschenk bescheren werden. Eine aufregende, aber auch friedvolle Zeit beginnt, die jeden neuen Tag zu einem einmaligen Erlebnis macht.
Lina und Leo begleiten stressfrei durch eine besinnliche Adventszeit – denn manchmal schreiben unsere kleinen Wunder des Alltags die schönsten Geschichten. Eine fortlaufende Erzählung in 25 Kapiteln, die das Weihnachtsgeheimnis bewahrt. Für Kinder ab vier Jahren, mit Illustrationen von Inge Reulecke.
132 Seiten / ISBN Taschenbuch: 978-3-7412-8822-7 / ISBN E-Book: 978-3-7546-1595-9 / ASIN: B01M4KWB68
Taschenbuch und E-Book in deinem Lieblingsshop kaufen:
.
30. November – noch 24 Tage
»Mama, Mama!« Aufgeregt springt Leo von einem Bein auf das andere. »Lina hat gesagt, wir bekommen heute schon unsere Adventskalender. Stimmt das wirklich?«
…Lächelnd legt Mama den Stift aus der Hand und schiebt ihren Notizblock beiseite. »Ein bisschen ja und ein bisschen nein, mein Schatz«, antwortet sie und streicht ihm über das strubbelige Haar.
…»Ja und nein?«, wiederholt Leo. Mit großen Augen schaut er seine Mutter an. »Das geht doch gar nicht!«
…»Doch, das geht. Heute gibt es nämlich nur einen Teil eurer Adventskalender. Kannst du dich nicht mehr ans letzte Jahr erinnern? Da haben wir sie auch schon am Vorabend vom Dachboden geholt, damit ihr morgens am 1. Dezember direkt das Säckchen mit der Nummer eins öffnen konntet. Allerdings waren die Beutel zu diesem Zeitpunkt alle leer.«
…»Ganz leer?« Leos Augen weiten sich noch eine Spur mehr. Mit offenem Mund starrt er seine Mutter an. »Und am nächsten Tag war dann plötzlich was drin?«
…Mama nickt. »Ja, genau. Zumindest ist es beim letzten Mal so gewesen.«
…Leo presst seinen Zeigefinger auf die Nasenspitze und denkt angestrengt nach. »Nein, das weiß ich nicht mehr«, sagt er schließlich kopfschüttelnd. »Aber da war ich auch erst vier. Jetzt bin ich schon fünf und kann mir alles viel leichter merken.« Stolz streckt er die Finger und den Daumen seiner rechten Hand in die Luft.
…»Das stimmt, Leo. Mit jedem Jahr kann man sich besser erinnern«, bestätigt Mama und legt ihren Block wieder vor sich auf den Tisch.
…»Nicht weiterschreiben!« Leo wirft dem Stift in ihrer Hand einen bösen Blick zu. »Erst muss ich wissen, wann wir die Kalender vom Dachboden holen.«
…Mama seufzt. »Wenn ich fertig bin, gehen wir zusammen hoch, in Ordnung? Und bis dahin spielst du bitte ein wenig mit deiner Schwester.«
…Leo rührt sich nicht vom Fleck. »Wann bist du denn fertig?«, fragt er.
…»In ungefähr einer halben Stunde, Schatz. Dann müsste auch Papa kommen. Er möchte sicher dabei sein.«
…»Und wo ist Papa?«
…»Beim Sport, Leo. Wie jeden Sonntag.«
…Murrend geht Leo ins Kinderzimmer, das er sich mit seiner Schwester Lina teilt. Sie sitzt auf dem Bett und blättert in einem Pferdebuch. Als er zur Tür hereinkommt, schaut Lina auf. »Und was hat Mama gesagt?«, fragt sie. »Ich hatte recht, oder? Wir kriegen die Kalender heute.«
…»Ja, schon. Aber jetzt noch nicht.« Leo geht um das hohe Regal herum, das ihr Kinderzimmer in zwei Hälften trennt, und verschwindet in seinem Bereich. Am Bett angekommen setzt er sich auf die Matratze und lässt die Füße herunterbaumeln.
…»Lina?«
…»Mmh?«
…»Wie lange dauert eine halbe Stunde?«
…»Es ist jetzt genau fünf Uhr. Der große Zeiger muss von der zwölf auf die sechs wandern, dann ist eine halbe Stunde rum.«

.
Leo geht zurück zur Raummitte, streckt den Kopf um die Ecke und schaut auf die runde Uhr über der Zimmertür. Er seufzt. »So lange noch?«
…Lina legt ihr Buch auf dem Nachttisch ab. »Sollen wir die Kalender wieder da an die Wand hängen?« Sie zeigt auf die Stelle neben der Kommode, die halb in ihrem und halb in Leos Teil des Kinderzimmers steht. »Wenn wir unsere Bilder in der Adventszeit abhängen, können wir die Nägel benutzen.«
…Mit einem Satz ist Leo auf den Beinen. Er nimmt seine Leinwand mit dem Flugzeug vom Haken und nickt zufrieden. »Also, ich wäre dann so weit!«
Pünktlich um halb sechs dreht sich ein Schlüssel im Schloss der Haustür und ihr Vater kommt herein.
…»Los, Papa!«, ruft Leo ihm schon von Weitem entgegen. »Wir müssen auf den Dachboden zu unseren Adventskalendern.«
…Lachend greift Papa ihm unter die Arme und wirbelt ihn hoch in die Luft. »Darf ich mich kurz ausziehen?«, fragt er und deutet auf die Turnschuhe an seinen Füßen.
…Leo nickt. »Na gut, dann geht’s aber los!«
…Nachdem Papa sich umgezogen hat, machen sie sich ohne weitere Verzögerung auf den Weg nach oben. Mit einem langen Haken öffnet Papa die Dachbodenluke und zieht eine Leiter herunter. Nacheinander klettern sie die Sprossen empor, bis sie vor einer alten Holztruhe stehen.

.
.
»Hier müssen sie drin sein«, sagt Mama und öffnet den schweren Deckel.
…»Ich sehe sie schon! Der rote ist meiner!« Leo drängt sich zum Rand der Truhe durch. Vorsichtig faltet Papa den viereckigen Stoff auseinander und hält ihn hoch. Kleine Teddybären mit Weihnachtsmützen baumeln von der goldenen Umrandung und die weißen Säckchen sind mit den Zahlen von 1 bis 24 bestickt.
…»Der grüne Kalender ist für dich, Lina«, sagt Mama. Sie zeigt auf die glitzernden Engel, die sich rund um die Borte ziehen. Linas Augen glänzen, während sie mit der Hand über den weichen Filz streicht.
…»Können wir in der Adventszeit etwas früher aufstehen, damit wir morgens genug Zeit für die Kalender haben?«, fragt Lina ihre Mutter.
…»Das ist eine gute Idee«, antwortet Mama. »Am besten stellen wir gleich den Wecker um.«
»Du, Lina?«, flüstert Leo seiner Schwester zu, als sie am Abend in ihren Betten liegen.
…»Ja?«, flüstert Lina zurück.
…»Wie oft muss ich noch schlafen, bis das Christkind kommt?«
…»Vierundzwanzig Mal, Leo. Dann ist endlich Heiligabend.«

.
1. Dezember – noch 23 Tage
Es klingelt. Lina tastet nach dem Wecker auf ihrem Nachttisch und schaltet ihn aus. Leo reibt sich über die Augen. Die Kinderzimmertür steht einen Spalt breit offen und ein schmaler Lichtstrahl fällt auf die Wand, an der die Säckchen ihrer Adventskalender baumeln – sie sehen viel dicker aus als am Abend zuvor. Mit einem Satz springt Lina aus dem Bett.
…»Leo, wach auf! Die Kalender!«, ruft sie. Im Nu steht Leo neben seiner Schwester. Eilig schiebt er einen seiner Kinderstühle an die Wand und klettert auf die Sitzfläche, denn der erste Beutel hängt ziemlich weit oben.
…»Was ist bei dir drin?«
…»Eine kleine Schokoladentafel in blauem Glanzpapier mit einem Mond drauf«, antwortet Lina. »Und daneben hängt etwas, das aussieht wie zusammengefaltete Pappe. Ob das dazugehört?«
…»Die Schoki habe ich auch. Aber mit einem Stern.« Wie einen Siegerpokal hält Leo das Naschwerk in die Höhe.
…Lina schiebt ihr Schokoladenstück in den Mund und löst dann das um die Pappe gewickelte Band. Mit einem leisen Rascheln springen die Seiten auseinander und formen eine rechteckige Box mit spitz zulaufendem Dach.
…»Das ist eine Krippe«, ruft sie kauend und betrachtet den Karton von allen Seiten.
…»Aber da ist gar nichts drin«, sagt Leo.

»Stimmt, sie ist leer«, bestätigt Lina und schaut ihren Bruder ratlos an. Ihr Blick wandert über den Boden. »Da liegt was neben deinem Fuß. Ist das auch im Kalender gewesen?«
…Leo bückt sich und gibt seiner Schwester den Zettel. Lina faltet ihn auseinander und liest: »Erfüllt ihr jeden Tag eure Adventsaufgaben, sollt ihr am Heiligen Abend eine fertige Weihnachtskrippe haben.«
…»Was denn für Aufgaben?«, fragt Leo.
…»Unter dem Text ist ein Bild.« Sie deutet mit dem Finger auf einen Jungen und ein Mädchen, die ein weihnachtlich verziertes Blatt in den Händen halten. »Das verstehe ich nicht. Was soll das bedeuten?«
…In Leos Augen breitet sich ein aufgeregter Glanz aus. »Ich weiß es, ich weiß es! Das ist ein Wunschzettel! Wir sollen heute bestimmt unsere Wunschzettel schreiben.«
Direkt nach dem Mittagessen machen sie sich an die Arbeit.
…»Und denkt daran, dass es erfüllbare Wünsche sein sollten«, mahnt Mama, als sie ihre Kinder eifrig zu den Stiften greifen sieht.
…Nachdenklich kratzt Lina sich hinterm Ohr. »Ist ein Pferd ein erfüllbarer Wunsch?«
…»Ich fürchte, nein«, antwortet Mama. Bedauernd schüttelt sie den Kopf. »Wo soll so ein großes Tier denn wohnen?«
…»Na, hier bei uns natürlich.«
…»Etwa in eurem Zimmer?«. Erstaunt sieht Mama Lina an. »Und wo soll es schlafen? Mit dir gemeinsam in deinem Bett?«

.
.Leo kichert. Lina überlegt. »Vielleicht hast du recht«, sagt sie schließlich. »Dafür ist unsere Wohnung wohl ein bisschen zu klein.«
…»Ja, das denke ich auch.« Lächelnd streicht Mama ihr über den Kopf. »Außerdem habt ihr doch eure Meerschweinchen. Mops und Motte bekämen es bestimmt mächtig mit der Angst zu tun, wenn sie plötzlich mit einem Pferd zusammenleben müssten. Dir fällt sicher etwas anderes ein, das du dir wünschen möchtest.«
…»Na, klar!«, ruft Lina. »Warte mal ab. Da wirst du staunen!«
…Und Mama staunt tatsächlich, als sie eine halbe Stunde später Linas fertige Liste begutachtet.
…»Wunderschön, meine Süße. Aber zehn Wünsche? Meinst du nicht, das ist ein wenig zu viel?«
…»Ich weiß, dass man nicht alles bekommt«, erwidert Lina. »Hinter dem, was mir am allerwichtigsten ist, habe ich ein Ausrufezeichen gemacht. Siehst du? Bei der sprechenden Puppe mit den langen Haaren, die man so toll frisieren kann. Und bei der Taucherbrille mit dem Schnorchel. Leo hat’s genauso gemacht. Er hat die Bilder gemalt, und ich habe ihm beim Schreiben geholfen. Meinst du, das Christkind versteht das?«
…»Bestimmt«, sagt Mama und nickt beeindruckt. »Was ist für dich denn der wichtigste Wunsch?«, fragt sie Leo. Der hält sein Blatt hoch und zeigt auf ein braunes Boot mit einer löchrig schwarzen Flagge.
…»Das Piratenschiff von Kapitän Flint natürlich! Aber was machen wir mit den Wunschzetteln denn jetzt überhaupt? Bringen wir sie zur Post?«
…»Nein, Schatz«, Mama schüttelt den Kopf. »Wir legen sie in eurem Kinderzimmer auf die Fensterbank und stellen das Fenster auf Kipp. Im letzten Jahr sind sie dort über Nacht abgeholt worden.«
…»Ehrlich? Und das klappt?«, fragt Leo ungläubig.
…»Ja, das klappt«, antwortet Mama.
»Du, Lina?«, flüstert Leo seiner Schwester zu, als sie am Abend in ihren Betten liegen.
…»Ja?«, flüstert Lina zurück.
…»Wie oft muss ich noch schlafen, bis das Christkind kommt?«
…»Dreiundzwanzig Mal, Leo. Dann ist endlich Heiligabend.«

.
2. Dezember – noch 22 Tage
»Die Wunschzettel sind weg!«, ruft Lina. Sie zupft ihren Bruder am Schlafanzugärmel. »Auf der Fensterbank liegt nur noch ein Häufchen glitzernder Staub.«
…Verschlafen tapst Leo hinter Lina her. »Tatsächlich«, murmelt er. »Hast du schon dein Kalendersäckchen aufgemacht?«
…»Nein, noch nicht. Komm, wir sehen zusammen nach.«
…»Ein Gummibärchen mit Weihnachtsmütze. Lecker! Und ein Holzschaf – das ist bestimmt für unsere Krippe«, vermutet Leo.

.
»Der erste Bewohner! Das heißt wohl, wir haben die Adventsaufgabe von gestern erfüllt«, sagt Lina stolz. »Und hier ist wieder ein Zettel mit einer Zeichnung.« Nachdenklich neigt sie den Kopf zur Seite. Dieses Mal halten der Junge und das Mädchen einen Pokal und ein gemaltes Bild in der Hand. Was hat das nun wieder zu bedeuten?
…»Warte! Ich glaube, ich weiß es!«, ruft Lina plötzlich. Sie läuft zu ihrem Nachttisch hinüber, zieht eine Zeitschrift aus der Schublade und blättert eifrig darin herum. »Hier! Die Buchhandlung veranstaltet einen Malwettbewerb mit tollen Preisen. Lass uns Mama fragen, ob wir mitmachen dürfen!
…Gerade als Leo losrennen will, hält seine Schwester ihn am Arm zurück. »Aber wir verraten Mama und Papa nichts von den Zetteln, ja? Erst wenn alle Aufgaben erfüllt sind und die Krippe vollständig ist, zeigen wir ihnen an Heiligabend, was wir geschafft haben.«
…Leo nickt. »Das ist jetzt unser ganz geheimes Weihnachtsgeheimnis«, erklärt er feierlich. »Ich sage nichts. Versprochen!«
…Mama packt gerade ein Butterbrot in ihre Arbeitstasche, als Lina und Leo in die Küche kommen. »Können wir da mitmachen?«, fragt Lina. Sie hält ihrer Mutter die Zeitung unter die Nase und hüpft dabei wie ein Flummi auf und ab.
…Mama sieht sich die Ausschreibung des Wettbewerbs an. »Von mir aus gerne«, antwortet sie schließlich. »Wir könnten die Bilder nachher direkt abgeben. Ich muss zum Bäcker und von dort aus sind es nur ein paar Minuten bis zur Buchhandlung.«
Am Nachmittag kramt Lina bereits eifrig Stifte und Papier aus der Bastelbox, als ihr Blick auf das muffelige Gesicht ihres Bruders fällt.
…»Eigentlich ist das total unfair«, brummt Leo. »Lina malt viel besser als ich und das auch nur, weil sie älter ist. Ihr Bild gewinnt bestimmt und meins nicht.« Schmollend schiebt er die Unterlippe vor und wendet sich beleidigt ab.
…»Dann malt ein gemeinsames Bild«, schlägt Mama vor. »Auf die Rückseite schreiben wir dann: von Paulina und Leonard Engelen, acht und fünf Jahre alt. Wie wäre das?«
…Jetzt ist es an Lina, eine Schnute zu ziehen. Sie stampft mit dem Fuß auf den Boden. »Ich will aber ein eigenes Bild malen!«
…Mama hängt das Spültuch an den Haken und setzt sich an den Küchentisch. »Aber wenn du ein Bild gemeinsam mit deinem Bruder malst, ist es etwas Besonderes. Etwas, das nicht jeder macht«, gibt sie zu bedenken.
…Lina zieht die Nase kraus und überlegt. »Na gut. Dann malen wir einen riesigen Weihnachtsbaum mit ganz vielen Geschenken drumherum.«
…»Ich will aber lieber Schneeflocken und Sterne«, ruft Leo.
…Mama seufzt. »Dann malt einen Weihnachtsbaum mit Geschenken für Lina, der mit Sternenanhängern für Leo im Schneegestöber steht.«
…Damit sind endlich beide zufrieden.

.»Fertig!«, ruft Leo eine halbe Stunde später.
…»Hier ist noch ein freies Stück«, sagt Lina und zeigt oben rechts auf das Blatt. »Da müssen auch Schneeflocken hin.«
…Leo malt ein paar zusätzliche kleine Punkte. Zufrieden betrachten sie ihr Kunstwerk für eine Weile und lassen es gebührend von Mama bewundern. Dann steckt Leo es in einen großen Briefumschlag und klebt drei glitzernde Aufkleber auf die Rückseite. Lina schreibt sorgfältig Namen, Adresse und Telefonnummer daneben – schließlich muss jeder wissen, wie die Gewinner des Wettbewerbs heißen und wo sie wohnen.