Möchtest du deine Wut im Bauch loswerden? Vielleicht hilft dir die Fabel vom Hasenrucksack dabei!
Wut im Bauch kennen wir wohl alle. Manchmal sind es Mitmenschen, die uns nerven, dann wieder ärgerliche oder zeitraubende Situationen. Das kann ganz schön aufs Gemüt schlagen. So ergeht es auch dem Hasen Hajo, der mit seiner Familie am Rande des Freiheitswaldes lebt. Es scheint ihm, als habe sich die Welt gegen ihn verschworen – bis seine Großmutter ihm einen Rucksack überreicht.
Hase Hajo hat Wut im Bauch. Schafft er es, sie loszuwerden? Foto: minka2507 / pixabay
Der Hasenrucksack
Hase Hajo stapfte durch das Laub seines Heimatwaldes. Die Blätter unter seinen Pfoten waren warm vom Sonnenschein und trugen leuchtende Herbstfarben, aber Hajo hatte anderes im Kopf. Er dachte ständig an den Hasenlehrer, der erst sein Referat kritisiert und ihm anschließend noch einen Haufen Sonderaufgaben mitgegeben hatte. Und das ausgerechnet heute am Tag des großen Fußballspiels. Was bildete der Typ sich eigentlich ein, so mit ihm umzuspringen? Im Hasenbau angekommen, rauschte Hajo ohne ein Wort an seinen Eltern vorbei und warf die Tür zu seiner kleinen Höhle lautstark hinter sich zu.
Hajos Wut im Bauch
Kurz darauf betrat seine Großmutter Henriette den Raum, strich sich über die grauen Schnurrhaare und ließ sich dann neben ihrem Enkel auf dem Stroh nieder. Hajo verschränkte die Pfoten vor seiner Brust – ihm war nicht nach reden zumute. Doch verstand es die alte Häsin, ihn durch ihre Geduld und bloße Anwesenheit aus der Reserve zu locken. Es dauerte keine fünf Minuten, da schüttete er ihr das Herz aus und berichtete von dem Hasenlehrer.
Die Oma nickte und legte ihm einen ihrer Vorderläufe sanft auf den Rücken. »Du hast in letzter Zeit viel Wut im Bauch«, bemerkte sie.
Eine steile Falte grub sich in Hajos Stirn. »Ja«, antwortete er schließlich. »Dazu habe ich auch allen Grund! Jeder ist gegen mich und ständig geht irgendetwas schief.« Seine Hinterpfote zuckte. »Das Paket mit dem neuen Schulbuch ist noch nicht da, dabei hätte ich es heute gebraucht. Die Lieferung war fest für gestern zugesagt und was ist passiert? Nichts! Dieser Posthase wird immer langsamer. Wenn der mir über den Weg läuft!«
Die Großmutter nickte erneut.
»Und das Eichhörnchen Enno hat mir auf dem Schulweg schon wieder eine Nuss auf den Kopf geworfen«, fuhr er aufgebracht fort. »Das hat was zu hören bekommen, kann ich dir sagen!«
Henriettes Hasenrucksack
Granny zog die Nase kraus und überlegte. Dann hoppelte sie aus der Höhle, um wenig später mit einem hellen Rucksack auf dem Rücken zurückzukehren. »Ich verrate dir ein Geheimnis, das dir vielleicht bei der Lösung deiner Probleme hilft, wenn du mir vorher einen Gefallen tust.«
Hajo zögerte und musterte die Häsin misstrauisch. Seine Oma war für ihre Weisheit bekannt und nicht dafür, andere Hasen über den Tisch zu ziehen – was wohl hinter diesem Deal stecken mochte? Nach etwas Bedenkzeit willigte er ein. »Was muss ich tun?«, wollte er wissen.
Henriette zog den Rucksack aus, holte ein Haufen Äpfel daraus hervor und überreichte den leeren Sack danach ihrem Enkel. Das Obst legte sie zu seinen Füßen ab. »Nimm dir für alles, was dich in den letzten Tagen wütend gemacht hat und dir noch im Magen liegt, jeweils einen Apfel«, sagte sie. »Beschrifte sie mit den Namen derjenigen, die deinen Ärger ausgelöst haben, und packe sie in den Rucksack.«
Oh, da fiel Hajo eine ganze Menge ein, ohne dass er groß nachdenken musste. In Windeseile waren sie beschriftet und verstaut. Zufrieden sah er die Großmutter an.
»Ich möchte einen Kuchen backen«, erklärte seine Oma. »Dafür brauche ich Äpfel, die mindestens drei Tage lang herumgetragen wurden. Nimm sie überall mit hin, setze den Rucksack nicht ab und wenn du schläfst, behalte ihn trotzdem nah bei dir. Hältst du durch, erfährst du am Samstag das Geheimnis der Wut im Bauch.«
Hajos Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Was für ein seltsamer Kuchen sollte das denn werden? Davon hatte er ja noch nie etwas gehört! Aber am Ende siegte die Neugier und er ließ sich auf die Vereinbarung ein.
Verfluchte Apfeltage
Anfangs schulterte Hajo seine Last voll motiviert, doch bereits nach wenigen Stunden hing der Rucksack ihm wie ein Mühlstein um den Körper. Das Ding schien mit jeder Sekunde an Gewicht zu gewinnen und in der Nacht störte es ihn beim Schlaf – was seine morgendlichen Augenringe eindrucksvoll unterstrichen. Samstag früh stieg ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase. Er schnüffelte und erkannte als Ursache des Gestanks schnell den Inhalt des Rucksacks. Er öffnete ihn vorsichtig, hielt die Luft an und spähte hinein. Das Obst begann durch seine Körperwärme, langsam zu verrotten. Hajo stöhnte, zog das Band des Sacks wieder zu und machte sich umgehend auf den Weg zu Henriette. Er hatte seinen Teil der Abmachung erfüllt, nun war sie an der Reihe.
Großmutter Henriettes Rucksack führt Hase Hajo zum Geheimnis der Wut im Bauch. Foto: Marketa Machova / pixabay
Freie Entscheidung
Die alte Häsin lächelte, als Hajo ihr den miefenden Rucksack vor die Füße stellte und sie dabei erwartungsvoll ansah. Sie forderte ihren Enkel auf, einen der Äpfel herauszuholen. Mit spitzen Krallen beförderte er den Ersten zutage, auf dem der Name des Eichhörnchens stand.
»Bist du nach wie vor wütend auf Enno?«, erkundigte sich die Großmutter.
Hajo nickte.
»Dann wirf den Apfel zurück in den Sack.«
»Was?« Der Hase traute seinen Löffeln nicht. »Aber der ist faulig und stinkt!«, brauste er auf.
»Es ist ganz allein deine Entscheidung, ob du ihn dir weiterhin aufhalsen möchtest oder nicht«, bemerkte Oma Henriette in gewohnt ruhigem Ton. »Niemand zwingt dich dazu – weder das Eichhörnchen noch ich.«
Das Geheimnis der Wut im Bauch
Hajo zögerte. »Meine Entscheidung?« Seine Ohren wackelten unruhig hin und her. »Ich bin nicht sicher, ob das Eichhörnchen mir die Schalen absichtlich auf den Kopf wirft«, überlegte er schließlich. »Es räumt morgens meist den Kobel auf, vielleicht plumpsen sie ihm dabei aus Versehen runter.«
»Das ist möglich«, sagte die Großmutter. »Was hast du nun vor?«
»Ich werde Enno fragen«, antwortete Hajo entschlossen. »Und ihn bitten, besser aufzupassen, wo er seine Nussschalen fallen lässt.«
Henriette nickte. »Das klingt nach einem guten Plan. Lege den Apfel beiseite.«
Ebenso verfuhren sie mit allen weiteren Äpfeln und Hajo schaffte es, dem Posthasen seine Trödelei zu vergeben. Und dem Hasenlehrer sah er den Verriss an seinem Referat nach – der hatte manchmal einfach einen seltsamen Geschmack.« Erleichtert arbeitete der Hasenjunge ein Stück Obst nach dem nächsten ab und packte es in eine Schüssel, bis der Rucksack leer war. Er sprang auf und wollte sich gerade auf den Weg zum Eichhörnchen machen, als seine Oma ihn zurückhielt.
»Hast du dich in den letzten drei Tagen noch über irgendetwas anderes geärgert?«, erkundigte sie sich.
»Nur über Mutter. Sie behandelt mich ständig wie ein kleines Häschen und nimmt mir beim Möhrenschnippeln sogar das Messer weg. Ich bin kein Babyhase mehr!«
Granny griff kommentarlos in eine große Tüte, zog einen frischen Apfel mit Stift für die Beschriftung hervor und streckte ihn Hajo entgegen.
Der Hasenjunge hielt inne, starrte den Apfel eine Weile an und räusperte sich dann. »Ich will ihn nicht«, antwortete er schließlich entschlossen. »Diese Äpfel machen mir das Leben schwer und verhageln mir die Stimmung. Ich glaube, ich gehe jetzt gleich zu Mutter und kläre das mit ihr.«
Wut im Bauch? Es ist allein deine Entscheidung, welche Äpfel du annimmst und in deinen Rucksack packst. Foto: Manfred Richter / pixabay
Wut im Bauch ist eine Last
Mir geht es hier hauptsächlich um Alltagssituationen, in denen wir uns über Menschen oder Situationen aufregen und nicht in der Lage sind, die Sache gut sein zu lassen. Natürlich gibt es wichtige Dinge, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten. Aber wie oft ärgern wir uns über etwas, das es wirklich nicht wert ist – und das wir ohnehin nicht ändern können: der rüpelige Autofahrer, die verspätete Postbotin, die Schlange an der Kasse oder der unfreundliche Verkäufer. Sobald wir den »Zankapfel« annehmen und in unseren Rucksack packen, schleppen wir ihn herum. So lange, bis wir es irgendwann schaffen, ihn loszulassen. Der eine belastet uns schwerer, der andere weniger – doch Last bleibt Last. Das ist auf Dauer ganz schön anstrengend.
Wer braucht schon faule Äpfel im Rucksack?
Natürlich wäre es für den Gemütszustand und unsere Laune am zielführendsten, wenn wir den faulen Apfel gar nicht erst in unseren Rucksack legen, sondern die Annahme direkt verweigern. Mir gelingt das am besten, indem ich mich in Gedanken bewusst frage:
- Wenn ich mich jetzt darüber aufrege, was ändert sich dann?
- Was habe ich davon, außer dass ich schlecht draufkomme?
Es klingt in manchen Ohren vielleicht etwas schräg, doch ich verzeihe der Person oder dem »Schicksal« dann innerlich, dass sie/es mich in diese Lage gebracht hat. Bei mir hört sich das ungefähr so an: »Ich vergebe dir! Behalte deinen Apfel für dich und trag ihn selbst – ich will ihn nicht.«
Schaffen wir es nicht sofort und das Obst wandert trotz Gegenwehr in den Rucksack, winkt die nächste Möglichkeit, es loszuwerden, wenn wir Freunden oder unserem Partner davon erzählen. Damit holen wir es wieder hervor und können es anschließend beiseitelegen beziehungsweise die Sache für uns abschließen. Sobald du Wut im Bauch hast, denke immer daran: Es ist allein deine Entscheidung, ob du dir die faulen Äpfel anderer Leute aufschwatzen lässt oder lieber lässig abwinkst und sie ablehnst.
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