Ziele im Blick: Der Leuchtturm – eine Nachdenk-Geschichte

2023-02-16T18:31:55+01:00Kategorien: Nachdenk-Geschichten|Tags: , |

Wie wir unsere Ziele nie wieder aus den Augen verlieren.

Allzu leicht verlieren wir durch Ablenkungen unsere Ziele aus den Augen. Das bekommt auch Nina in meiner folgenden Nachdenk-Geschichte »Der Leuchtturm« zu spĂŒren, denn ihr Ausflug ans Meer verlĂ€uft anders als erhofft. Sie ist kurz davor, ihre PlĂ€ne ĂŒber Bord zu werfen und aufzugeben, da trifft sie in einem kleinen KĂŒstenort auf die Inhaberin eines Souvenirladens.

Hast du deine Ziele immer im Blick?

Ein Leuchtturm am Meer weist den Schiffen den Weg. Wer hÀlt dich auf Kurs? Foto: Mathias Westermann / pixabay

Der Leuchtturm

Nina zog den SchlĂŒssel aus dem ZĂŒndschloss und öffnete die AutotĂŒr, woraufhin eine sanfte Brise den Duft des Meeres ins Wageninnere wehte. Sie atmete tief ein und lĂ€chelte. Wie sehr hatte sie diesen Geruch vermisst. Immer wenn Nina den Weg zu ihrem Elternhaus an die nördlichste Spitze Deutschlands antrat, stand auch ein Besuch bei ihrer Freundin Mona auf dem Programm, die sie seit Kindertagen kannte. Heute sollte es nach einer gefĂŒhlten Ewigkeit endlich wieder so weit sein. Obwohl sie gemeinsam am Wasser aufgewachsen waren, nannte Mona sie liebevoll-neckend »mein StadtpflĂ€nzchen«, denn die Liebe hatte Nina bereits vor Jahren fort vom Dorf und hinein ins Cityleben gefĂŒhrt. Mona dagegen lebte inzwischen auf einer kleinen Insel vor den Toren der FestlandkĂŒste.
­ Nina stieg aus dem Auto, schob die Ärmel ihres dĂŒnnen Pullis hoch und streckte sich ausgiebig. Ein Windhauch legte sich um sie – jeder Luftzug, der ihr ĂŒber die Haut strich, trug ein StĂŒckchen Freiheit in sich. Sie schirmte die Augen mit der Hand gegen die Sonne ab, um den weiß-roten Leuchtturm am Meeresrand besser zu erkennen. UnerschĂŒtterlich stolz stand er da, wie immer, wenn sie sich zur FĂ€hre aufmachte, um zu Mona ĂŒberzusetzen. Er war ihr mittlerweile bestens vertraut. Nina ging zum Kofferraum, nahm die Reisetasche heraus und verriegelte den Wagen mit einem Knopfdruck. Anschließend lief sie den leicht abschĂŒssigen Pfad zur Anlegestelle hinab. Die Mischung aus Sand und Stein knirschte unter den Turnschuhen, jeder ihrer Schritte wirbelte Staub auf. Nina sah sich um. Sonst war es hier wesentlich voller, doch an diesem Tag hatten sich lediglich sechs Leute um einen Mann mit KapitĂ€nsmĂŒtze herum versammelt. Nina stellte die Tasche ab und gesellte sich zu der Gruppe, die auf den bĂ€rtigen Herrn einredete.
­ »Es tut mir wirklich leid«, beteuerte dieser gerade, als sie zu ihnen stieß. »Das Problem ist in anderthalb Stunden behoben. Um 17 Uhr legen wir ab.«
­ »Um 17 Uhr?«, brauste eine der Frauen auf und schnaubte. »So lange sollen wir hier herumsitzen und warten?«
­ Der KapitĂ€n zuckte hilflos mit den Schultern. »Es geht nicht anders. Entschuldigen Sie, ich muss mich jetzt um die Reparatur kĂŒmmern. Um Punkt fĂŒnf geht es los«, antwortete er und verschwand im Inneren der PersonenfĂ€hre.

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Ziele im Fokus − aus den Augen aus dem Sinn?

­Nina seufzte. Sie schaute auf die Zeitanzeige ihres Smartphones und ließ den Blick dann ĂŒber die Landschaft gleiten. Ein StĂŒck weiter die KĂŒste runter sah sie eine kleine Ortschaft mit reetgedeckten HĂ€usern – eine Siedlung, die ihr vorher nie aufgefallen war. Kurzentschlossen brachte sie ihre Reisetasche zurĂŒck zum Auto, schickte eine Nachricht an Mona, dass sie sich verspĂ€ten wĂŒrde, und machte sich auf den Weg in Richtung Dorf. Sie spazierte an einem StrandstĂŒck entlang. Neben ihr erhob sich ein Hang, dessen Front durch seine schroffe GesteinsoberflĂ€che aussah, als sei ein Teil des Festlands mitten aus der Umgebung herausgebrochen. Zwischen den Felsen entdeckte Nina einen Spalt. Interessiert nĂ€herte sie sich der Stelle, nahm die Sonnenbrille von der Nase und schob sie sich in ihr glattes Haar. Sie ging in die Knie, angelte ein paar der angeschwemmten Muscheln und durch das Salzwasser verformten Steine aus der Öffnung heraus und breitete sie vor sich im Sand aus. Plötzlich brummte es in ihrer Jacke, die sie sich vor dem Abmarsch sicherheitshalber um die HĂŒften geschlungen hatte. Zwar waren die Temperaturen frĂŒhsommerlich warm, aber die Böen mitunter noch kĂŒhl. Nina zog das Smartphone aus der Jackentasche, warf einen Blick auf das Display und rollte mit den Augen. Selbst in der Freizeit holte die Arbeit sie ein. Nachdem sie ihrer Vertretung alle offenen Fragen beantwortet hatte, beendete sie das GesprĂ€ch, ließ ihre maritimen SammlerstĂŒcke zusammen mit dem Telefon in die Tasche gleiten und setzte ihren Weg fort. Vor dem Ortseingang angekommen legte sie eine Pause ein und checkte ihre E-Mails, doch irgendwann trieb die Neugier sie aus der digitalen Welt hinaus, hinein in die GĂ€sschen des KĂŒstendorfs. Obwohl die Umgebung rundherum ausreichend Raum bot, standen die einzelnen HĂ€user nah beieinander, als wollten sie sich gegenseitig vor dem rauen Wind schĂŒtzen, der die KĂŒste an manchen Tagen heimsuchte. Nina schlenderte ĂŒber das Kopfsteinpflaster und bewunderte die Sprossenfenster der urigen Bauten, bis sie zu einem Platz gelangte, in dessen Mitte ein Brunnen plĂ€tscherte. Die Straßen wirkten verlassen, der Ort erschien ihr wie aus der Zeit gefallen. Sie sah sich um und schnupperte – der Duft frischen GebĂ€cks stieg ihr in die Nase und ihr Magen erinnerte sie daran, dass die letzte Mahlzeit nicht besonders ĂŒppig ausgefallen war. Sie nĂ€herte sich einem kleinen CafĂ© links des Marktplatzes und ließ sich an einem Tisch vor dem Schaufenster nieder.

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Landschaften am Meer sorgen fĂŒr Entspannung in der Zielerreichung

Wie können wir den Moment einerseits genießen und unseren Grundkurs trotzdem beibehalten? Foto: Michaela Wenzler / pixabay

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»Was kann ich fĂŒr Sie tun?«, fragte eine freundliche Stimme und riss Nina damit aus ihren Gedanken.
­ »Ein Milchkaffee und ein StĂŒck Obstkuchen wĂ€ren toll«, antwortete sie und lĂ€chelte die junge Frau an, die sie mit einem leeren Tablett unter dem Arm aufmerksam anschaute.
­ Die Servicekraft verschwand und kurz darauf stand die Bestellung bereits vor Nina auf dem Tisch. Sie genoss die Zwischenmahlzeit, die wĂ€rmenden Sonnenstrahlen und die Stille um sich herum, bis sie einen Souvenirshop auf der anderen Seite am Ă€ußersten Rand des Platzes entdeckte. Sie zahlte, ging zu dem Laden hinĂŒber und trat ein. Das Glöckchen ĂŒber der TĂŒr kĂŒndigte ihr Kommen an und Sekunden spĂ€ter schlurfte eine gebrechlich wirkende Dame aus dem Nebenzimmer.
­ »Schauen Sie sich in Ruhe um«, sagte die Frau und ließ sich schnaufend in einen Korbsessel neben der Verkaufstheke fallen. »Die Zeit der Welt bleibt stehen, wenn Sie bei uns verweilen«, fuhr sie fort, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. »Vielleicht haben Sie Interesse an diesen Gartensteckern mit Solarbeleuchtung? Sie sind gestern eingetroffen.«
­ Nina nickte und schaute in die angezeigte Richtung, wobei ihr sofort ein Solarstab mit Leuchtturmmotiv ins Auge stach. »Der Leuchtturm! Mona! Oh, Gott, wie spĂ€t ist es?«, entfuhr es ihr eine Spur zu laut. Die alte Frau zuckte zusammen. Ninas Herzschlag beschleunigte sich, wĂ€hrend sie hektisch ihr Smartphone hervorkramte. Das letzte Mal hatte sie am Anleger auf die Uhr geschaut, danach nicht mehr. Das ungute BauchgefĂŒhl bestĂ€tigte sich. Sie zog scharf die Luft ein. »Es tut mir leid«, rief sie der Frau ĂŒber die Schulter hinweg zu, die TĂŒrklinke bereits in der Hand. »Ich komme irgendwann bestimmt noch mal vorbei.« Mit diesen Worten rannte sie an dem Brunnen vorbei durch die Gassen bis hin zur KĂŒste. Als sie an dem Pfad ankam, der hinab zum Strand fĂŒhrte, stoppte sie abrupt. Der schmale Sandstreifen, der sie hergefĂŒhrt hatte, war verschwunden. Die Flut hatte ihr den Weg abgeschnitten. »Verdammt«, stöhnte sie und schlug sich mit der flachen Hand leicht gegen die Stirn. »Das hĂ€tte ich voraussehen mĂŒssen.« Hastig sah sie sich um und suchte nach einer anderen Möglichkeit, zum Anleger zu gelangen – doch in diesem Moment legte die FĂ€hre ab. Nina schaute ihr hinterher. Sie wusste, dass das die einzige Chance an diesem Tag gewesen war, zur Insel ĂŒberzusetzen. Wie hatte sie ihr Ziel bloß trotz der Vorfreude so aus den Augen verlieren können?

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ErinnerungsstĂŒtzen fĂŒr die Zielerreichung

Nachdem sie sich ausreichend mit SelbstvorwĂŒrfen bedacht hatte, kehrte sie betrĂŒbt in die Ortschaft zurĂŒck, um eine alternative Route zum Parkplatz am Leuchtturm zu erfragen. Sie betrat abermals den Souvenirladen, in dem die Dame immer noch in ihrem Korbsessel saß und lĂ€chelte. »Schön, dass sie wieder da sind«, begrĂŒĂŸte sie Nina. »Das ging ja schnell.«
­ Nina seufzte. »Schneller als mir lieb ist. Eigentlich sollte ich gerade auf der FĂ€hre stehen und mich auf das Wiedersehen mit meiner Freundin freuen. Und entschuldigen Sie, dass ich eben so ĂŒberstĂŒrzt aufgebrochen bin.«
­ Die Frau nickte. »Ich verstehe. Die Flut hat Sie ĂŒberrascht.«
­ »Nicht nur das. Ich habe mich ablenken lassen und die Zeit vergessen.«
­ »Sich neuen EindrĂŒcken hinzugeben und den Moment zu genießen ist wichtig«, bemerkte die Frau.
­ »Aber Ă€rgerlich, wenn ich darĂŒber die FĂ€hre verpasse.«
­ »Das ist wahr. Hatten Sie denn kein Denk-dran-Ding?«
­ Nina zog die Augenbrauen hoch. »Ein Denk-dran-Ding? Nein, was ist das?«
­ »Es eignet sich besonders gut fĂŒr langfristige Ziele, funktioniert aber auch bei kurzfristigen. Obwohl  «, die Frau legte den Kopf schrĂ€g. »FĂŒr ihr heutiges Vorhaben hĂ€tte wahrscheinlich ein simpler Wecker ausgereicht.«
­ Nina schĂŒrzte die Lippen und warf einen vorwurfsvollen Blick auf ihr Smartphone, als trĂ€ge es Schuld an ihrem Dilemma. »Ja, das wĂ€re so einfach gewesen. Aber was hat es mit diesem Denk-dran-Ding auf sich? Sie haben mich neugierig gemacht.«
­ In den Augen der Dame leuchtete es auf. »In welchem Moment ist Ihnen vorhin bewusst geworden, dass Sie von ihrem Ziel abgekommen sind?«
Nina ĂŒberlegte. »Als ich den Gartenstecker mit dem glĂ€sernen Leuchtturm gesehen habe. Er erinnerte mich an den Leuchtturm am Anleger. Ich verbinde ihn irgendwie mit der Fahrt zu meiner Freundin«, antwortete sie.
­ »Sehen Sie.« Die Frau nickte zufrieden. »Der Leuchtturm war ihr Denk-dran-Ding.«
­ »Es ist also so etwas wie ein Weckruf, wenn wir vom Weg abkommen?«
­ »Ja, das trifft es wohl. Tragen wir es bei uns, ruft es uns unsere Ziele immer wieder in Erinnerung, hĂ€lt uns damit auf Kurs und macht das Aufgeben unwahrscheinlicher.«
­ Nina dachte kurz nach. »Sie haben recht, so schnell gebe ich nicht auf. Am Marktplatz ist mir eine kleine Pension aufgefallen. Dort ĂŒbernachte ich und nehme morgen die nĂ€chste FĂ€hre. Wer weiß, wofĂŒr es am Ende gut ist.« Nina lĂ€chelte. »Ach so: Und einen von diesen LeuchtturmanhĂ€ngern dort hinten hĂ€tte ich bitte gerne. Nur fĂŒr den Fall 
 Sie wissen schon.«

Leuchtturm in Sicht: Erinnere dich an deine Ziele!

Welches Ziel verfolgst du gerade? Hast du dein Denk-dran-Ding schon gefunden, um den Fokus zu halten? Foto: Phybawi / pixabay

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Ziele im Fokus behalten

Achtsam durchs Leben gehen, sich neuen EindrĂŒcken auch mal hingeben und ganz im Moment verweilen – das alles ist ohne Frage bedeutsam fĂŒr unser GlĂŒcksempfinden. Doch wie oft lassen wir uns im Alltag von diesem oder jenem ablenken und verlieren darĂŒber unser eigentliches Ziel aus den Augen? Wie oft bringen uns Hindernisse, die den direkten Weg versperren, dazu, aus einer kurzen Umleitung einen Pfad ins Nirgendwo zu machen? In einer Welt des Überflusses und der unzĂ€hligen Möglichkeiten ist das Risiko, sich zu verirren, höher denn je. Selbst wenn uns etwas sehr wichtig ist, kann es passieren, dass wir den Weg verlassen, ohne es bewusst wahrzunehmen. Oft bemerken wir erst, dass etwas schiefgelaufen ist, wenn wir bereits weit ab vom Schuss sind. Unser persönlicher Leuchtturm kann dabei helfen, die grundlegende Ausrichtung im Blick zu behalten. Wobei ein Leuchtturm natĂŒrlich kein Leuchtturm sein muss, sondern irgendein Gegenstand, den wir mit unserem ĂŒbergeordneten Ziel in Verbindung bringen und der uns an unsere Mission erinnert. Stellen wir ihn uns auf den Schreibtisch, tragen ihn bei uns und lassen wir zu, dass er uns die Richtung weist und auf Kurs hĂ€lt. Auch wenn wir hin und wieder einen Umweg einschlagen und nahende Klippen umschiffen mĂŒssen.

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